Hoffnung auf die „Freitestung“
Lockdown und Kontaktsperren zerren an den Nerven und stellen unsere Wirtschaft auf eine harte Probe. Sollte man da nicht lieber möglichst viele Menschen auf SARS-CoV-2-Antikörper testen und die „Positiven“ in die Freiheit entlassen?
Freiheit für Corona-Positive!?
Wer sich mit SARS-CoV-2 infiziert hat, entwickelt in der Regel spezifische Antikörper gegen das neue Coronavirus und ist deshalb immun gegen eine Neuerkrankung – zumindest eine Zeit lang. Wie lange diese Immunität währt, ist allerdings unklar. Das Robert Koch-Institut geht von einer Zeitspanne von etwa 3 Jahren aus.
Nun hoffen viele auf eine Art „Freitestung“ durch Antikörpertests. Dabei soll mit spezifischen Testverfahren nachgewiesen werden, ob ein Mensch Antikörper gegen SARS-CoV-2 im Blut hat. Wer Antikörper hat, müsse sich nicht mehr an Kontaktsperren halten, so die Idee. Auch für das Gesundheitssystem sei es von großer Bedeutung, den Antikörperstatus von Ärzten und Pflegern verlässlich zu erkennen.
Testverfahren noch zu ungenau
Die Idee, einen kleinen Teil der Bevölkerung aufgrund seines Antikörperstatus von Corona-Maßnahmen auszunehmen, wird durchaus kontrovers beurteilt. Noch muss man darüber jedoch keine Entscheidung treffen, denn das nötige Handwerkszeug dafür fehlt. Mit den bisher entwickelten Antikörpertests auf SARS-CoV-2 ist man zum aktuellen Zeitpunkt nicht in der Lage, einer Person verlässlich zu bescheinigen, ob diese immun gegen das Virus ist, betonen Experten der akkreditierten Labore in der Medizin (ALM) ab. Selbst ausgefeilte Testmethoden zeigen noch zu viele falsch-positive Ergebnisse. Das bedeutet, dass Antikörper nachgewiesen würden, wo gar keine sind. Dann wird eine Person also fälschlicherweise als immun eingestuft.
Eine Ursache dafür ist die Tatsache, dass die Testspezifika noch zu unspezifisch, also zu „ungenau“ sind. Ein anderes Problem sind die bei allen Antikörper-Testverfahren möglichen Kreuzreaktionen mit Erregern, die ähnliche Oberflächenmerkmale aufweisen. Im Falle von SARS-CoV-2 gibt es solche Kreuzreaktionen mit anderen Coronaviren. Ein positiver Antikörpertest kann daher auf den Kontakt mit einem beliebigen Coronavirus hinweisen und ist kein Beweis für eine durchgemachte SARS-CoV-2-Infektion.
Finger weg von Coronatests aus dem Internet!
Vor den im Internet angebotenen Corona-Schnelltests raten die Ärzte der ALM dringend ab: Deren Testqualität sein in vielen Fällen mehr als fraglich. Das Problem mit dubiosen Antikörpertests scheint weltweit zu bestehen. Auch die WHO hat schon vor gefälschten Corona-Tests gewarnt.
Quelle: Ärzteblatt
14.04.2020 Autor: Dr. med. Sonja Kempinski Bildrechte: Parilov/Shutterstock.com