Gegen die Demenz anspielen
Ran an Klavier, Geige und Blockflöte! Wer sein Leben lang regelmäßig musiziert, senkt offenbar das Risiko für eine Demenz im Alter.
70 Musiker und 70 Nicht-Musizierende im Test
Schon lange deuten Studien darauf hin, dass Musizierende eine Altersdemenz weniger zu fürchten haben als Menschen, die kein Instrument spielen. Das könnte allerdings auch andere Ursachen haben: Menschen, die sich Klavier und Co. verschreiben, sind häufig gebildeter und weisen seltener demenzfördernde Faktoren wie Rauchen, Übergewicht oder Alkoholmissbrauch auf.
Um Klarheit zu schaffen, verglich eine Forschergruppe vom Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen in Dresden die Hirnleistung von 70 Musiker*innen und 70 Kontrollpersonen. Diese waren den Musiker*innen in Bezug auf Bildung, sozioökonomischem Status und körperlicher Aktivität ähnlich, spielten jedoch kein Instrument. In beiden Gruppen betrug das mittlere Alter 69 Jahre, bei allen 140 Teilnehmer*innen sprach das Profil für eine hohe kognitive Reserve im Alter.
Leistungstest, MRT und Biomarker
Geprüft wurde die Hirnleistung nicht nur mit kognitiven Tests, also Untersuchungen zum Denkvermögen. Die Forscher*innen bestimmten auch gehirnrelevante Biomarker in Blut und Gehirnflüssigkeit. Außerdem führten sie MRTs durch, um anhand der Aufnahmen das Volumen bestimmter Gehirnareale auszumessen.
In puncto Biomarker und Hirnstruktur unterschieden sich die beiden Gruppen nicht. Auch das Lernen und das Langzeitgedächtnis waren bei Musiker*innen und Nicht-Musiker*innen vergleichbar. Unterschiede ergaben sich allerdings in anderen Funktionen.
Hirnzellen besser genutzt
So schnitten die Musiker*innen sowohl in den Tests zu allgemeinen Denkfunktionen als auch beim Kurzzeitgedächtnis signifikant besser ab. In einer Untergruppe verglichen die Forscher*innen Sprachleistung, räumlich-visuelles Denkvermögen und Fähigkeiten zur Kontrolle und Selbstregulierung. Auch hier waren die Musiker*innen leistungsfähiger.
Insgesamt deuten die Ergebnisse darauf hin, dass die strukturelle Gehirnsubstanz bei Musiker*innen nicht „besser“ ist, sie also nicht mehr Nervenzellen aufweist als bei Nicht-Musizierenden. Musikergehirne haben aber offenbar eine Art Trainingsvorteil: Das lebenslange Musizieren scheint die Fähigkeit zu fördern, im Alter mehr Leistung aus den vorhandenen Nervenzellen herauszuholen.
Quelle: Ärztezeitung
18.08.2021 Autor: Dr. med. Sonja Kempinski Bildrechte: Just Life/Shutterstock.com