Frauen besonders gefährdet
Ständig erschöpft und müde? Dahinter steckt womöglich ein Eisenmangel. Vor allem bei Frauen ist der alles andere als selten – jede Zweite soll unterversorgt sein. Doch zum Glück lässt sich der Mangel mit Eisenpräparaten und der richtigen Ernährung gut beheben. Was dabei zu beachten ist, erfahren Sie im aktuellen Ratgeber.
Ohne Eisen geht es nicht
Eisen ist von zentraler Bedeutung für den menschlichen Organismus. Als Bestandteil des roten Blutfarbstoffs (Hämoglobin) bindet es den lebenswichtigen Sauerstoff, damit dieser von der Lunge zu den Organen transportiert werden kann. Doch Eisen ist auch unverzichtbar für die Neubildung von Geweben und für den programmierten Tod alter, überflüssiger Zellen. Eine ganz entscheidende Rolle spielt es zudem bei der Energiegewinnung in den Kraftwerken der Zelle, den Mitochondrien. Durch diese vielen Aufgaben erklären sich auch die für einen Eisenmangel typischen Beschwerden. Fehlt dem Organismus Eisen, kommt es zu
- Blässe (je nach Farbe des Teints manchmal nur an den Bindehäuten im Auge erkennbar)
- Müdigkeit, Lern- und Konzentrationsschwierigkeiten
- Mundwinkelrhagaden (raue, eingerissene Mundwinkel)
- glatter Zunge, Zungenbrennen, Schluckbeschwerden
- Haarausfall, brüchigen Fingernägeln.
Hinweis: Fehlt Eisen, wird im zentralen Nervensystem zu wenig Dopamin gebildet. Eine Folge davon kann das Restless-legs-Syndrom sein. Wer darunter leidet, sollte deshalb unbedingt die Eisenspiegel prüfen lassen.
Viele Gründe für den Eisenmangel
Ein Erwachsener hat etwa 35 bis 40 mg Eisen pro Kilogramm Körpergewicht in sich. Davon gehen täglich etwa 1 mg durch Abschilferungen von der Darmschleimhaut, minimale Blutungen oder Schweißbildung verloren. Diese müssen über die Nahrung wieder ersetzt werden. Im Normalfall kann der Organismus aber nur etwa 10 % des in der Nahrung enthaltenden Eisens aufnehmen. Um 1 mg zu ersetzen, müssen also täglich 10 mg Eisen zugeführt werden.
Stimmt die Balance zwischen Eisenverlust und Eisenaufnahme nicht, kommt es zu einem Eisenmangel. Gründe dafür gibt es viele.
- Vermehrter Eisenverlust. Wichtigste Ursache ist hier die Menstruation, vor allem, wenn die Blutung besonders stark ist. Doch schon bei einer normalen Monatsblutung gehen etwa 40 bis 50 ml Blut verloren, was ungefähr 25 mg Eisen entspricht. Expert*innen gehen davon aus, dass fast die Hälfte aller gebärfähigen Frauen deswegen mit Eisen unterversorgt ist. Neben den physiologischen Blutverlusten durch die Menstruation können aber auch andere Blutverluste zu einem Eisenmangel führen. Dazu gehören beispielsweise chronische innere Blutungen bei Tumoren oder Magengeschwüren oder eine zu häufige Blutspende.
- Mangel- oder Fehlernährung. Hier schlagen vor allem Diäten zu Buche. Vegetarier leiden oft unter einem Eisenmangel, weil das Eisen aus pflanzlichen Rohstoffen vom Darm schlechter aufgenommen wird als aus tierischen Lebensmitteln. Auch Magersüchtigen mangelt es aufgrund der insgesamt reduzierten Nahrungsaufnahme meist an Eisen.
- Vermehrter Verbrauch. In Phasen des Wachstums braucht der Körper mehr Eisen. Hierzu zählen Kleinkinder und Heranwachsende. Bei Kindern wird die Häufigkeit des Eisenmangels auf 10 – 15% geschätzt. Besonders kritisch wird es für noch im Wachstum befindliche, pubertierende Mädchen. Bei ihnen kommt der vermehrte Bedarf mit dem über die Monatsblutung einsetzenden Verlust an Eisen zusammen. Auch Schwangere und Stillende benötigen mehr Eisen (siehe „Richtig ernähren“).
Seltenere Ursachen für den Eisenmangel sind chronisch-entzündliche Prozesse wie die rheumatoide Arthritis oder die Darmerkrankungen Morbus Crohn und Colitis ulcerosa. Zudem können einige Medikamente die Schleimhaut des Magen-Darm-Traktes beschädigen und auf diese Weise zu inneren Blutungen führen. Typische Beispiele sind NSAR wie zum Beispiel Acetylsalicylsäure (ASS) oder Cox-2-Hemmer.
Hinweis: Vorsicht Langläuferinnen! Extrem langes Laufen begünstigt Mikroblutungen im Darm und in der Harnblase. Außerdem werden massenweise rote Blutkörperchen in der Fußsohle zerquetscht. Es drohen damit Blut- und Eisenverluste, die bei kalorienreduzierter Diät und Fleischabstinenz häufig nicht ausreichend kompensiert werden.
Wie wird der Eisenmangel diagnostiziert?
Bei den oben genannten typischen Eisenmangel-Beschwerden ist eine Blutuntersuchung angezeigt. Die wichtigsten Werte sind das Serum-Ferritin, das Transferrin und der Hämoglobinwert. Mit ihnen lässt sich bestimmen, ob mit dem Eisenhaushalt alles in Ordnung ist, ob ein Mangel besteht und wenn, wie stark dieser ist.
- Serum-Ferritin spiegelt das im Körper gespeicherte Eisen wider. Ist es erniedrigt, aber die anderen Werte noch normal, liegt ein prälatenter Eisenmangel vor (Eisenmangel Stadium I). Für die Bildung der roten Blutkörperchen reicht das Eisen noch aus, körperliche Beschwerden zeigen sich meist keine.
- Im Blut ist das Eisen, das nicht im Hämoglobin benötigt wird, an Transferrin gebunden. Die Sättigung dieses Transportmoleküls ist das Maß für das zur Verfügung stehende Funktionseisen. Fällt der Wert unter 15%, spricht man von einem latenten oder funktionellen Eisenmangel (Stadium II). Es kann zu ersten Eisenmangelbeschwerden mit brüchigen Fingernägeln, Haarausfall oder Rhagaden kommen.
- Eine manifeste Eisenmangelanämie liegt vor, wenn die Hämoglobinkonzentration unter den Normwert sinkt (Stadium III des Eisenmangels). In diesem Fall reicht das Eisen nicht mehr, um ausreichend Hämoglobin zu bilden. Jetzt macht sich der Eisenmangel auch durch Blässe, Antriebslosigkeit, vermehrte Müdigkeit und Konzentrationsstörungen bemerkbar.
Hinweis: Die Hämoglobinwerte sind alters- und geschlechtsspezifisch. Eine manifeste Eisenmangelanämie liegt vor, wenn die Hämoglobinkonzentration unter folgenden Grenzwerten liegt: Kinder bis 4 Jahre < 11 g/dl, Kinder 5 bis 11 Jahre < 11,5 g/dl, Frauen < 12 g/dl, Männer < 13 g/dl.
Behandlung des Eisenmangels
Häufig ist eine Fehl- oder Mangelernährung als Ursache für den Eisenmangel plausibel. Dann muss die Betroffene mehr Eisen aufnehmen. Basis ist die ausreichende Eisenaufnahme über die Nahrung. Ob zusätzlich Eisenpräparate erforderlich sind entscheidet die Ärzt*in.
Basis: die richtige Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung deckt den Eisenbedarf im Normalfall gut ab. Erwachsene Männer und Frauen nach der Menopause sollen etwa 10 mg Eisen am Tag zu sich nehmen, Schwangere 30 mg und Stillende 20 mg. Für Mädchen ab 10 Jahren und Frauen bis zur Menopause gelten 15 mg/Tag als ausreichend. Jungen von 12 bis 19 Jahren brauchen 12 mg Eisen am Tag. Besonders gut verwertet der Körper Eisen aus Fleisch. Wer auf Fleisch verzichtet, kann seinen Bedarf jedoch auch mit Haferflocken, Hirse, Sesam, Roter Beete, Hülsenfrüchten wie Erbsen oder Kohlgemüse und Sauerkraut decken. Weniger ergiebig sind dagegen andere Gemüsesorten, Milchprodukte und Eier.
Wenn Eisen substituiert werden muss
Nicht immer reicht die Umstellung der Ernährung zur Behebung eines Eisenmangels aus. Dann verordnet die Ärzt*in Eisenpräparate mit zweiwertigem Eisen (Fe2+). Empfohlen werden dabei vor allem Eisen(II)-sulfate oder -fumarate. Sie sind in Form von Tabletten, Dragees oder flüssig einzunehmen. Damit es nicht zu einer Eisenüberladung des Organismus kommt, darf die Eisensubstitution nicht in Eigenregie erfolgen. Stattdessen berechnet die Ärzt*in, wieviel Eisen nötig ist. In der Regel geht man von 2 bis 6 mg Eisen pro Kilogramm Körpergewicht aus (100 bis 200 mg täglich).
Leider verursachen Eisenpräparate zum Einnehmen oft Magenprobleme. Vor allem Übelkeit und Durchfall oder Verstopfung verleiten viele dazu, dass Präparat wieder abzusetzen. Durch Einnahme mit Nahrung werden die Beschwerden verringert. Der Preis dafür ist jedoch, dass der Darm das Eisen schlechter aufnimmt. Ein Kompromiss ist daher die Einnahme zwischen den Mahlzeiten.
Allgemein ist bei der Einnahme von Eisenpräparaten folgendes zu beachten:
- Einnahme vorzugsweise nüchtern, d.h. mindestens eine halbe bis eine Stunde vor oder nach dem Essen.
- Treten nach einer Woche Eiseneinnahme immer noch Übelkeit und Magenbeschwerden auf, darf die Einnahme zu den Mahlzeiten erfolgen. Auf keinen Fall gleichzeitig konsumiert werden sollten aber Kaffee, Tee, Milch, Oxalate, Phytate (in Getreide, Hülsenfrüchten) und Antazida, weil diese die Aufnahme von Eisen sogar behindern.
- Eine weitere Option bei anhaltender Übelkeit ist die, das Präparat (mach ärztlichem Rat) zu wechseln.
- Um die Aufnahme von Eisen im Darm zu erhöhen, kann zeitnah Vitamin C eingenommen werden.
- Werden die empfohlenen Eisen(II)-Präparate nicht vertragen, kann die Substitution mit Eisen(III)-hydroxid-Polymaltose versucht werden.
- Bei regelmäßiger, täglicher Eiseneinnahme steigt die Bildung von Hepcidin, einem Protein, dass die Aufnahme von Eisen aus dem Darm blockiert. Um dies zu verhindern ist es günstig, bei leichtem oder mäßigem Eisenmangel die Eisenpräparate nur alle zwei Tage einzunehmen. Dies darf allerdings nur nach ärztlichem Rat erfolgen.
Tipp: Wer die Eisenpräparate zum Einnehmen gar nicht verträgt, kann sich das Eisen infundieren lassen. Allerdings übernehmen die Krankenkassen dann nur in manchen Fällen die Kosten, z. B. wenn bereits eine Anämie vorliegt. Zudem ist die Gefahr einer Überdosierung bei der intravenösen Gabe höher.
Hinweis: Das Beheben einer Eisenmangelanämie erfordert Geduld. Zwar steigt das Hämoglobin bei Eisenzufuhr schnell an. Bis Normwerte erreicht sind, dauert es manchmal jedoch einige Wochen. Ist der Hämoglobinwert wieder in Ordnung, sollte die Eiseneinnahme noch ein bis drei weitere Monate lang fortgesetzt werden.
Monatsblutung eindämmen
Bei Frauen ist häufig eine verstärkte oder verlängerte Monatsblutung am Eisenmangel beteiligt. Zur Behandlung der sogenannten Menorrhagie empfehlen Expert*innen häufig die Pille, und zwar in kombinierter Form (Östrogen und Gestagen). Bei drei Viertel der Betroffenen bessern sich dadurch die verstärkten Monatsblutungen und damit der Eisenverlust. Zu bedenken sind bei der Einnahme eines Hormonpräparats natürlich immer die möglichen Nebenwirkungen (Lidbidoverlust, Thromboserisiko). Ob zusätzlich eine Eisensubstitution erforderlich ist entscheidet die Ärzt*in anhand der Eisenwerte im Blut.
Tipp: Frauen mit Kinderwunsch sollten frühzeitig ihre Eisenwerte überprüfen lassen. Sind die Eisenspeicher vermindert, macht es Sinn, sie schon vor der Empfängnis wieder aufzufüllen.
Wenn die Eisensubstitution nicht reicht
Bei einer Eisenmangelanämie kontrolliert die Ärzt*in meist eine Woche nach Beginn der Eisentherapie die Blutwerte. Steigen Hämoglobinwert und die Anzahl der Vorstufen der Blutkörperchen (Retikulozyten) im Blut nicht an, muss die Diagnostik erweitert werden. Das gilt natürlich auch für die Fälle, bei denen von vorneherein Hinweise auf eine Grunderkrankung bestehen.
Bei Frauen empfiehlt sich dazu eine gynäkologische Untersuchung. Dabei lassen sich z. B. die vor den Wechseljahren häufig auftretenden gutartigen Geschwulste der Gebärmutter feststellen. Als weitere wichtige Quelle für einen Eisenmangel muss der Magen-Darm-Trakt untersucht werden, um eventuelle blutende Magengeschwüre, Tumoren oder chronisch-entzündliche Darmerkrankungen nicht zu übersehen. Die dafür eingesetzten Verfahren reichen vom Stuhltest auf verstecktes Blut bis zur Magen- oder Darmspiegelung.
Quellen: Leitlinie Eisenmangelanämie, DAZ 2021, Nr. 31, S. 32
22.01.2022 Autor: Dr. med. Sonja Kempinski Bildrechte: fizkes/shutterstock.com